Montag, 4. Februar 2013

von Abgründen und Erfolgen


Da sitz ich auf meinem Krankenbett und starre total entgeistert zu dem Fernseher an der Wand. Die gestellte Aufgabe des offensichtlich mit einer Mischung hochprozentiger Energiedrinks aufgepuschten Moderators, das menschliche Gesicht in einem Bild bestehend aus 15 Kästchen zu finden (später wurde auf nur 10 Kästchen reduziert) hat meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Normalerweise schenke ich diesen hyperaktiven Gummibärchen bei Sendern der Richtung „Scheiße-Hoch9“, wie Steffan Raab es einmal liebevoll ausgedrückt hatte, keine Aufmerksamkeit. Maximal dann, wenn ich mitten in der Nacht oder am frühen Morgen nach Hause gekommen bin und noch zu aktiv war um gleich ins Bett zu gehen. Dann aber auch nur für maximal eine Minute. Bildangucken, Aufgabe lösen, weiterschalten. Diesmal ist es anders. Ich starre auf die Quadrate und suche jedes einzelne nach einem versteckten Gesicht ab. Erfolglos.
Der Moderator schreit und ich nehm meine Brille ab, putz sie, setzt sie wieder auf und such weiter. Die Gewinnsumme steigt von 2000€ auf 6500€. Immer noch nichts. Ich fühle mich langsam aber sicher einem imaginären Abgrund immer näher.  Dabei hatte ich angenommen, diesen gestern Abend schon erreicht zu haben, als ich einer Krankenschwester-Freundin über Facebook mitteilte, dass ich Stuhlgang hatte. Zum ersten Mal seit meiner OP. Endlich. Die komplette Schwesternschaft schien diese Frage zutiefst zu beschäftigen. Aus Gesprächen mit meiner Freundin die als Krankenschwester tätig ist weiß ich, dass sich im Krankenhausalltag nahezu alles um Stuhlgang dreht. Der ultimative Indikator dafür, ob alles in Ordnung ist. Passend dazu dreht sich bei vielen älteren Leuten, die ja vermehrt zu der Gruppe „Patient“ zählen,  ein Großteil des Tages um eben genau dieses Thema.
Der Rest meiner Freunde war davon übrigens nicht so begeistert wie Marion, die Krankenschwester-Freundin. Wenigstens eine die meinen „Erfolg“ zu würdigen weiß.

Zurück zu meinem neusten Tiefpunkt. Das Bilderrätsel. In den Wochen meiner Krankheit habe ich eine Menge neuer Tiefpunkte erreicht. Im Gegensatz dazu konnte ich aber auch ein paar wenige Erfolge erringen. Unterwäsche tragen, um nur einen zu nennen. Doch dazu später mehr. 

Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt die Langeweile mit der Dauerbenutzung von Facebook und Twitter zu bekämpfen. Dem Smartphone sei Dank. Schnell wird meine Befürchtung, mein IQ habe sich der Zimmertemperatur angepasst, der Welt verkündet. Zu meiner Überraschung- und leider auch meiner Begeisterung- finden sich zwei Freunde die wenigstens Interesse vortäuschen. Ich habe in meinem Wahn den Bildschirm fotografiert und sende ihnen das Bild. Vielleicht können sie mich erlösen und Licht ins Dunkle bringen. Fehlanzeige. Beide scheitern. Auch die Krankenschwester, die meinen Verband wechseln möchte, scheitert. Ich muss die Sendung noch weitere 10 Minuten ertragen bis das Rätsel aufgelöst wird. Die Gewinnsumme ist inzwischen auf stolze 10500€ gewachsen. Des Rätsels Lösung ist B4. Selbst jetzt wo ich es weiß kann ich es nicht sehen.
Warum der Mensch der Angerufen hat nur 2000€ gewinnt verstehe ich auch nicht, aber das ist egal. 


Ein anderer Freund mischt sich ein. Ein paar Kommentare die Erörtern WIE langweilig mir sein muss- HA, wenn sie wüssten! – und dann die geniale, rettende Idee. Ein Blog. Ein Blog über meine Krankheitserfahrung.

Sofort wird die Idee in die Tat umgesetzt.

TADA. 

2 Kommentare:

  1. Na im Gegensatz zu anderen Freunden die nur Interesse heucheln, hab ich deinen Blog gelesen!
    Du schreibst sehr gut!
    Ich glaube Charlotte Roche ist so auf Feuchtgebiete gekommen ;)

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  2. Danke, lieb von dir.
    Ich hab ganz kurz mit dem Gedanken gespielt, dass das in so eine Ecke wie Feuchtgebiete abrutschen könnte...

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